13.03.2013

Pflichtteilsanspruch bei Berliner Testament

Beim Berliner Testament setzen sich Ehegatten gegenseitig als Erben ein und in der Regel ihre Kinder als Erben des Letztversterbenden. Erbschaftsteuerlich ist das insoweit ungünstig, als die Kinder nur Erben des zuletzt Verstorbenen werden. Der Kinderfreibetrag von 400.000 € ist daher pro Kind nur einmal anwendbar.

Beispiel: Der Vater stirbt zuerst und hinterlässt der Mutter ein Vermögen von 1,4 Mio €. Sie stirbt nach zwei Jahren. Ihr Nachlass beträgt 1,2 Mio €. Erben der Mutter sind die gemeinsamen zwei Kinder des Ehepaares. Jedes Kind erbt 600.000 €. Nach Abzug des Freibetrages von 400.000 € bleibt ein steuerpflichtiger Erwerb von 200.000 €. Die Steuer beträgt pro Kind 11 % = 22.000 €.

Die Steuer für die Kinder hätte man verringern oder ganz vermeiden können, wenn jedes Kind schon beim Tod des Vaters einen Teil von dessen Vermögen geerbt hätte. Jedem Kind hätte auch gegenüber dem Vater der Freibetrag von 400.000 € zugestanden.

Grundsätzlich hätte in dem Beispiel auch jedes Kind schon nach dem Tode des Vaters einen Pflichtteil geltend machen können (jeweils 1/8 des Nachlasses = 175.000 €.). Es wäre keine Erbschaftsteuer angefallen, da der Freibetrag nicht überschritten gewesen wäre. Nach dem Tode der Mutter hätte jedes Kind nur noch 425.000 € geerbt, wofür nur eine Steuer von 1.750 € (nach Abzug des Freibetrages sind steuerpflichtig 25.000 €, Steuersatz 7 %) angefallen wäre.

Für Zwecke der Erbschaftsteuer können sich die Kinder nach dem Tode des längerlebenden Elternteils so stellen lassen, als hätten sie ihren Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteiles geltend gemacht. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem neuen Urteil klargestellt. Der Pflichtteilanspruch ist fiktiv gegenüber dem Finanzamt zu erklären. Fiktiv geschieht dies, da zivilrechtlich der Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des längerlebenden Elternteils nicht mehr besteht (die Erben des längerlebenden Elternteils sind zugleich Inhaber und Schuldner des Pflichtteilsanspruchs, was zu dessen Erlöschen führt). Dies kann die Erbschaftsteuer mindern, die für die Erbschaft nach dem Tod des zweiten Elternteils zu zahlen ist. Das Gericht ließ offen, ob die fiktive Geltendmachung des Pflichtteils auch noch möglich ist, wenn der Pflichtteilsanspruch an sich verjährt wäre (Verjährungsfrist drei Jahre).



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BFH v. 19.2.2013, II R 47/11
Haftungshinweis:
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