25.03.2013

Scheinselbständigkeit: Tätigkeit eines Klinikarztes als ärztlicher Psychotherapeut

Tritt eine erwerbstätige Person als selbständiger Unternehmer auf und ist sie von der Art ihrer Tätigkeit her Arbeitnehmer, so kann es sich um eine sogenannte Scheinselbständigkeit handeln. Dies hat zur Folge, dass die Einkünfte grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Die Abgrenzung einer abhängigen Arbeitnehmerbeschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit ist in der Praxis häufig schwer und hängt von dem Gesamtbild des Einzelfalles ab.

Das Sozialgericht Kassel befasste sich kürzlich mit der Frage, ob ein ärztlicher Psychotherapeut seine Tätigkeit für eine Klinik im Rahmen eines abhängigen und in der Sozialversicherung grundsätzlich versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erbrachte. Oder war er als Honorararzt freiberuflich selbständig tätig?

Dem Arzt wurden die Patienten von der Klinik zugewiesen. Er hatte sie zu festgelegten Zeiten in zugewiesenen Räumen der Klinik zu behandeln. Der Behandlungsverlauf der Patienten wurde durch den Oberarzt kontrolliert, in größeren Abständen auch durch die Chefärztin. Eigenwerbung betrieb der Arzt nicht, eigene Preisgestaltung in der Abrechnung mit Privatpatienten war nicht möglich. Die Abrechnung des Arztes mit der Klinik erfolgte nach einem von dieser festgelegten Stundensatz, der in nicht näher beschriebenen Zeitabständen erhöht werden sollte.

Das Gericht beurteilte den Arzt als abhängig beschäftigten Arbeitnehmer, der in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation eingegliedert war. Er war nicht weisungsfrei und konnte seine Arbeitszeit nicht frei gestalten. Die von ihm behandelten Patienten waren solche der Klinik und nicht eigene. Der Arzt hatte kein eigenes Unternehmerrisiko zu tragen. Dies wäre gegeben, wenn Arbeitskraft und Kapital eingesetzt würde mit der Gefahr eines Verlustes. Das Risiko, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Entgelt zu erhalten, sah das Gericht in diesem Fall als nicht ausreichend an. Es spricht nach geltender Rechtsprechung nur dann für Selbständigkeit, wenn diesem Risiko auch eine größere Unabhängigkeit oder größere Verdienstchancen gegenüber stehen. Dies war im Urteilsfall nicht gegeben.



Scheinselbständigkeit
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Honorararzt
Unternehmerrisiko
SG Kassel v. 20.2.2013, S 12 KR 69/12
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