Hat ein Steuerzahler in einer Steuerklärung seine Einkünfte ordnungsgemäß erklärt, erlässt das Finanzamt jedoch infolge eines eigenen Versehens einen unrichtigen Steuerbescheid, ist der Steuerzahler nicht verpflichtet, das Finanzamt auf sein Versehen hinzuweisen. Dies hat der Bundesfinanzhof klargestellt. Der Steuerzahler begeht keine Steuerstraftat, wenn er die günstigen Folgen aus dem Bescheid in Anspruch nimmt.
Im Urteilsfall hatte ein Facharzt seine Einkünfte ordnungsgemäß erklärt. Das Finanzamt setzte infolge eines Versehens statt der erklärten Einkünfte von ca. 500.000 € einen Verlust in dieser Höhe fest. Für das folgende Jahr nahm der Arzt den Verlustvortrag zur Verrechnung mit seinen positiven Einkünften in Anspruch, wodurch sich trotz hoher Einkünfte eine Steuerfestsetzung von 0 € ergab. Eine Steuerstraftat lag weder darin, dass der Arzt das Finanzamt nicht auf den Fehler hinwies, der zum Verlustfeststellungsbescheid führte, noch darin, dass er im folgenden Jahr den festgestellten Verlust mit seinen Einkünften verrechnet wissen wollte. Der Verlust war in einem wirksamen Bescheid festgestellt, weshalb der Arzt berechtigt war, ihn mit seinen Einkünften in folgenden Jahren verrechnen zu lassen.
Eine andere Frage ist jeweils, ob das Finanzamt berechtigt ist, den unrichtigen Bescheid zu ändern. Dies kommt jedenfalls in Betracht bei Bescheiden unter Vorbehalt der Nachprüfung oder bei einer sog. offenbaren Unrichtigkeit.