28.05.2013

Steuerbescheid durch privaten Zustelldienst – längere Klagefrist möglich

Wenn das Finanzamt einen Steuerbescheid mit der Post in einem normalen Brief versendet, gibt es für den Zugang beim Steuerpflichtigen eine gesetzliche Vermutung. Der Steuerbescheid gilt dem Empfänger als am dritten Tag nach seiner Aufgabe zur Post bekanntgegeben.

Das Finanzgericht Stuttgart musste sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit diese Vermutung noch gilt, wenn das Finanzamt die Zustellung der Briefe einem privaten Zustelldienst übertragen hat. Derartige Zustelldienste sind häufig nur lokal tätig und übergeben Sendungen, die nicht in ihrem eigentlichen Zustellbezirk liegen, an die Deutsche Post („Weiterleitung“). Im entschiedenen Fall war der Bescheid aufgrund einer Weiterleitung erst am 4. Tag nach Aufgabe der Sendung an den privaten Zusteller beim Empfänger eingetroffen. Die einen Monat später erhobene Klage wäre bei Anwendung der Zugangsvermutung verfristet gewesen.

Das Finanzgericht hielt die Klage dennoch für zulässig. Die Klagefrist habe hier erst mit dem vom Empfänger behaupteten späteren Zugangszeitpunkt zu laufen begonnen. Es sei Sache der Finanzbehörde, den Zugang in der 3-Tagesfrist zu beweisen. In Weiterleitungsfällen seien Zweifel an der gesetzlichen Vermutung angebracht. Da der private Zusteller die Weiterleitung erst am Folgetag nach der Aufgabe der Sendung veranlasst habe, sei bereits ein Tag der Frist verstrichen, ohne dass überhaupt eine Beförderung der Sendung erfolgte. Dadurch sei die Drei-Tages-Fiktion so schwer erschüttert, dass sie hier nicht mehr anwendbar sei.



3-Tages-Frist
Steuerbescheid
privater Zustelldienst
FG Stuttgart
Postversand
2 K 3274/11
Weiterleitung
gesetzliche Vermutung
Steuerbescheid durch privaten Zustelldienst – längere Klagefrist möglich, (Zwischen-)Urteil Finanzgericht Baden-Württemberg v. 27.02.2013, 2 K 3274/11, PM des Gerichts vom 16.05.2013
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