23.04.2014

Einfuhrumsatzsteuer: Bagatellregelung als Teil eines rechtsmissbräuchlichen Vertrags

Wenn Sie Waren aus einem Drittland (Staaten außerhalb der EU, z.B. Schweiz, USA, Türkei, Japan) nach Deutschland importieren, müssen Sie dafür Einfuhrumsatzsteuer und gegebenenfalls Zoll zahlen. Bei einem Warenwert von bis zu 22 € sieht die Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung jedoch eine Steuerbefreiung vor. Diese Regelung soll Bagatellfälle im Postverkehr nicht unnötig mit Zollformalitäten und Steuerzahlungen belasten.

Diese Lücke machen sich teilweise Versandhändler zunutze, die ihre Sendungen an private Kunden in Deutschland aus der Schweiz schicken. Auf diese Weise fällt für die Lieferungen prinzipiell keine Umsatzsteuer in Deutschland an, solange der Warenwert unter der magischen Grenze von 22 € bleibt. Das Finanzgericht Münster (FG) ist jedoch der Auffassung, dass in Deutschland durch den Versandhändler trotzdem Umsatzsteuer zu zahlen ist. Es begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Vorgehensweise ein Gestaltungsmissbrauch sei. Außerdem habe der Händler in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eventuelle Abgabenlasten auf die privaten Endabnehmer abgewälzt. Derartige Klauseln seien jedoch noch deutschem Vertragsrecht überraschend und daher nicht zulässig.

Der Versandhändler hatte versucht, die Abgabenlast auf seine Kunden abzuwälzen. Dabei ging er jedoch davon aus, dass tatsächlich wegen der 22-€-Grenze keine Umsatzsteuer entsteht. Gleichzeitig war in den AGB vereinbart, dass selbstverständlich der Händler die Steuern zahlt, sollten diese tatsächlich anfallen. Ein solches Vorgehen erscheint widersprüchlich, denn der Händler kann nicht einerseits Steuern abwälzen – solange keine Steuern zu zahlen sind – und andererseits die Steuern für seine Kunden übernehmen, wenn tatsächlich Steuern anfallen. Es ist nicht verwunderlich, dass das FG solche Klauseln nicht zulässt. 

Hinweis: Die Einfuhrumsatzsteuerfreiheit für Sendungen mit geringem Wert gilt nicht für alkoholische Erzeugnisse, Tabak und Tabakwaren sowie Parfüms und Toilettenwasser.



Einfuhr
Einfuhrumsatzsteuer
Gestaltungsmissbrauch
FG Münster, Urt. v. 14.01.2014 – 15 K 2663/10 U, Rev. (BFH: V R 5/14); www.justiz.nrw.de
Haftungshinweis:
Dieser Beitrag ist nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung kann trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht übernommen werden. Zu dem behandelten Thema wird gerne weitere Auskunft erteilt.


Zurück