06.07.2014

Fahrtkosten bei Behinderten: Ab wann ist ein herabgesetzter Grad der Behinderung zu beachten?

Behinderte Menschen dürfen für ihre Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte statt der Pauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer ihre tatsächlich entstandenen Fahrtkosten oder 0,30 € pro gefahrenem Kilometer absetzen. Voraussetzung hierfür ist, dass ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 70 (bzw. mindestens 50 mit Merkzeichen „G“) zuerkannt worden ist und sie ihre Behinderung durch amtliche Unterlagen nachweisen können (z.B. durch einen Behindertenausweis).

Hinweis: Beantragt werden kann der Kostenabzug auf der zweiten Seite der Anlage N der Einkommensteuererklärung. Sinkt der GdB unter die Grenze von 70 bzw. 50, gewährt das Finanzamt den erweiterten Fahrtkostenabzug nicht mehr.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat untersucht, ab wann ein herabgesetzter GdB steuerlich zu berücksichtigen ist. Geklagt hatte ein behinderter Arbeitnehmer mit einem GdB von 80, dem das Amt für soziale Angelegenheiten im Dezember 1999 nur noch einen GdB von 20 zuerkannt hatte. Wegen dieser Herabstufung führte der Mann einen jahrelangen Rechtsstreit. Schließlich wies das Bundessozialgericht (BSG) im Jahr 2007 seine Beschwerde zurück.

Für die Dauer des Rechtsstreits wollte der Mann weiter seine tatsächlichen Fahrtkosten steuerlich abziehen. Er vertrat die Auffassung, der herabgesetzte GdB von 20 wirke erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der angefochtene Neufeststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist - also erst nach der Entscheidung des BSG in 2007.

Der BFH urteilte jedoch, dass der verminderte GdB bereits ab dem Zeitpunkt der ursprünglichen Neufeststellung - somit ab 1999 - steuerlich berücksichtigt werden muss, so dass ab diesem keine erhöhten Fahrtkosten mehr abgezogen werden können. Nach Meinung der Richter gilt dies auch dann, wenn die behinderte Person - wie im Urteilsfall - noch einen anderslautenden Schwerbehindertenausweis besitzt (Vorrang der Neufeststellung).

Hinweis: Behinderte Arbeitnehmer können sich für den fortdauernden Abzug erhöhter Fahrtkosten auch nicht auf den sogenannten Nachwirkungszeitraum des Schwerbehindertengesetzes bzw. des Neunten Sozialgesetzbuches berufen. Danach gelten besondere Regeln für schwerbehinderte Menschen solange fort, bis nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der GdB-Herabsetzung drei Monate verstrichen sind. Der BFH erklärte, diese Verlängerung des Schwerbehindertenschutzes sei im Einkommensteuerrecht nicht geboten.



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BFH, Beschl. v. 11.03.2014 – VI B 95/13; www.bundesfinanzhof.de
Haftungshinweis:
Dieser Beitrag ist nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung kann trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht übernommen werden. Zu dem behandelten Thema wird gerne weitere Auskunft erteilt.


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