11.02.2020

Nachbesetzung eines Arztsitzes: Alter und Erfahrungsstand begründen nach rund fünf Berufsjahren keinen unbedingten Vorzug mehr

Im folgenden Urteilsfall vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) ging es um die Frage, ob bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes Kriterien wie die Dauer der ärztlichen Tätigkeit entscheidend sind oder worauf es ansonsten bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes ankommt.

Auf die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes eines Facharztes für Innere Medizin/Gastroenterologie, der mit seiner Ehefrau eine Vertragsarztpraxis in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) betrieb, ließ der Zulassungsausschuss den Arzt X zu - den Wunschkandidaten des Arztehepaares. Das gefiel der unterlegenen Mitbewerberin nicht. Sie, die schon länger approbiert war als der Wunschkandidat, legte daher Rechtsmittel ein - letztlich ohne Erfolg.

Das LSG gab der unterlegenen Bewerberin zwar insofern recht, dass es durchaus auf eine längere berufliche Tätigkeit ankomme, um einen gewissen Erfahrungsstand zu gewährleisten. Allerdings dürfte dieser in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca. fünf Jahren vollends erreicht sein, so dass das höhere Alter eines Bewerbers oder seine längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen könnten. Nach Meinung des LSG sind die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit zudem weder empirisch belegt noch sonst valide. Sie widersprächen zudem den gesetzlichen Vorgaben. Dagegen ordne das Gesetz unmissverständlich an, dass die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen sei. Die Dauer der Eintragung in die Warteliste sei im Nachbesetzungsverfahren allerdings auch nur ergänzend einzubeziehen und habe im Vergleich zu anderen Eignungskriterien eine geringere Bedeutung.

Zudem stellte das LSG noch einmal klar, dass ein Bewerber, der mit der zu erwerbenden Zulassung in eine BAG eintreten möchte, nicht den Zuschlag erhalten könne, wenn die verbleibenden BAG-Praxispartner - sprich seine künftigen Kollegen - ihn nicht wollen und stattdessen einen anderen Bewerber bevorzugen, so wie hier den Arzt X.

Hinweis: Mit Blick auf die Folgenabwägung ist also von erheblicher Bedeutung, dass im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens insbesondere die Interessen des in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Arztes auch bei der Gestaltung des Verfahrens der Nachfolgezulassung gewahrt sind. Für ihn besteht das Problem sowohl in der Auswahl eines für ihn geeigneten Partners als auch im Zeitablauf.



LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.06.2019 – L 11 KA 62/18 B ER; www.sozialgerichtsbarkeit.de
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